Kölner Philharmonie
Rumänisches Sinfonieorchester

- Gabriel Bebeselea
Foto: Ionut Macri

Gabriel Bebeselea
Foto: Ionut Macri
Konzert - Brahms & Beethoven
Joana Cristina Goicea, Violine
Benedict Kloeckner, Violoncello
Gabriel Bebeselea, Dirigent
Johannes Brahms (1833-1897)
Konzert für Violine, Violoncello und Orchester a-Moll op. 102
Der gebürtige Hamburger erhielt den ersten Musikunterricht von seinem Vater. Stundengeben, Bearbeitungen von Tanzmusik und Klavierspiel in Theatern verschafften ihm seinen ersten Verdienst. Kein Geringerer als Robert Schumann machte 1853 die musikinteressierte Welt in einem enthusiastischen Artikel in seiner "Neuen Zeitschrift für Musik" auf die Bedeutung des jungen damals noch wenig bekannten Komponisten aufmerksam. "Ich dachte, [ ... ] es würde [ ... ] einmal plötzlich Einer erscheinen, der den höchsten Ausdruck der Zeit in idealer Weise auszusprechen berufen wäre, einer, der uns die Meisterschaft nicht in stufenweiser Entfaltung brächte, sondern, wie Minerva, gleich vollkommen gepanzert aus dem Haupte des Kronion spränge. Und er ist gekommen, .... Er heißt Johannes Brahms." Brahms' Begegnungen mit dem Geiger Joseph Joachim, Clara und Robert Schumann, Franz Liszt und dem Dirigenten Hans von Bülow führten in den 50er Jahren zu wichtigen kompositorischen Befruchtungen und sich stetig ausbreitendem Ruhm. Nach einigen Jahren als Hofmusikdirektor in Detmold übersiedelte er 1864 nach Wien, wo er sich 1869 endgültig niederließ und trotz mehrerer öffentlicher Funktionen vorwiegend vom Komponieren lebte. Von den musiktheoretischen Richtungskämpfen, in denen er, ohne es zu wollen, das "Haupt" einer angeblich konservativen Partei verkörperte, versuchte er sich fernzuhalten. Bis ins hohe Alter, das ihm viele Ehrungen brachte, beschäftigte er sich intensiv mit der Musikgeschichte bis zurück in die Renaissance und blieb gleichzeitig den musikalischen Entwicklungen seiner Zeit zutiefst verbunden.
Neun Jahre nach seinem Violinkonzert komponierte Brahms 1887 das Doppelkonzert op. 102. Das Werk ist das Ergebnis eines Sommeraufenthalts am Thuner See. Die Uraufführung fand unter Brahms' Leitung am 18. Oktober 1887 in Köln statt. Die Solisten waren Joseph Joachim und Robert Hausmann. Das Werk steht in der doppelten Tradition des Konzerts für zwei Solo-Instrumente und der Sinfonia concertante. Für beide Gattungen gibt es herausragende Beispiele in der Musikgeschichte, z. B. Bachs Konzert für zwei Violinen d-Moll BWV 1043 und Mozarts Sinfonia concertante für Violine und Viola KV 364, jeweils mit Orchester. Dennoch sind mehrfach besetzte Solo-Konzerte eher die Ausnahme, vor allem seit der Wiener Klassik, was gewiss mit strukturellen Problemen zu tun hat, die sich aus dem Aufeinandertreffen der Sonatensatzform mit dem doppelten Solo ergeben. Dass das Doppelkonzert von Brahms bis heute nicht annähernd die Popularität der beiden Klavierkonzerte oder gar des Violinkonzertes erreicht hat, liegt aber auch an der Ausformulierung gerade dieses Werkes: Es ist ein exemplarisches Spätwerk, in dem - als letztes Orchesterwerk des Komponisten überhaupt - alle Merkmale des Altersstils konzentriert sind. Es ist in allen kompositorischen Details so perfekt durchgestaltet, so beherrscht und konzentriert ausbalanciert, dass man im analytischen Nachvollzug zwar die Meisterschaft bewundern muss, aber nicht so leicht einen unmittelbaren emotionalen Zugang findet. Dabei reicht seine Geschichte tief in das persönliche Leben des Komponisten: Brahms schrieb es für den Freund Joseph Joachim als eine Grußbotschaft zur Versöhnung nach jahrelangem Zerwürfnis.
Zwischen den beiden Soloinstrumenten findet ein sehr reger Dialog statt. Aber die Stimmen konkurrieren nicht miteinander, sie erzählen. Oft fällt die Unterscheidung schwer, welches der Soloinstrumente gerade das Wort führt, denn in ihrer Vortragsweise nähern sie sich einander an bis zur völligen Verschmelzung. Der Reiz dieses Konzertes liegt daher vor allem im engmaschig gewobenen Dialog der beiden Solostimmen: Sie müssen musikalisch so aufeinander eingehen, dass der Eindruck des organisch Gewachsenen, natürlich Atmenden entsteht - als spielten nicht zwei verschiedene Instrumente, sondern (wie Brahms einmal humorvoll kommentierte) eine einzige "achtsaitige Riesengeige". Das gilt vor allem für den breit angelegten ersten Satz, aber auch für das lyrische "Andante". Eine fast ausgelassene Stimmung herrscht im Finale, das hohe technische Ansprüche an die Solisten stellt.
Text: Heidi Rogge
Ludwig van Beethoven (1770 - 1827)
Sinfonie Nr. 5 c-Moll op. 67
Beethoven war bereits dreißig Jahre alt, als er sich mit seiner ersten Sinfonie der musikalischen Öffentlichkeit in Wien präsentierte. Neun Jahre waren seit dem Tode Mozarts und fünf Jahre seit der letzten Sinfonie Joseph Haydns vergangen, bevor Beethoven am 2.4.1800 und damit auf der Schwelle zu einem neuen Jahrhundert in seiner ersten Akademie mit eigenen Werken das Erbe seiner beiden großen Vorgänger antrat. Die ungewöhnliche lange, fast zehn Jahre währende Entstehungszeit der ersten Sinfonie ist nicht nur Ausdruck der für Beethoven eigentümlichen selbstkritischen und ständig um Verbesserung ringenden Arbeitsweise, sondern lässt auch die neu gewonnene Eigenständigkeit des bürgerlichen Künstlers erkennen, der sich nach der Französischen Revolution aus den Fesseln der Auftragskomposition befreit hat und nach eigener Entscheidung komponiert. "Von dieser radikalen Veränderung der sozialen Situation des Komponisten konnte das künstlerische Schaffen nicht unbeeinflusst bleiben, zumal bei einem politisch so wachen, moralisch so gefestigten Charakter wie Beethoven." (Csampai)
Neun Sinfonien hat Beethoven komponiert, und diese Sinfonien machen nicht nur einen Gutteil seines Nachruhmes aus, sondern beherrschen auch die Entwicklung der sinfonischen Form im 19. und 20. Jahrhundert. Zum immer wieder kolportierten Klischee des in seiner Zeit unverstandenen genialischen Komponisten gehört die Vorstellung, Beethovens Sinfonien seien vom zeitgenössischen Publikum abgelehnt worden. Das Gegenteil trifft zu: Seine Sinfonien erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden in ganz Europa gespielt, ausgenommen in Frankreich, wo sie sich erst in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts ihren Platz im Repertoire eroberten. Wie die Komponisten des 19. Jahrhunderts sich Beethovens Einfluss nicht entziehen konnten, so war Beethoven sich durchaus des Einflusses bewusst, den sein einstiger Lehrer Joseph Haydn auf sein eigenes sinfonisches Werk hatte. In diesem Werk verbinden sich die aus dem 18. Jahrhundert stammenden Prinzipien des Genres mit dem neuen Bemühen um eine dramatische Gestaltungsweise.
Kaum ein Exemplar der Gattung Sinfonie dürfte bekannter sein als Beethovens 5. Sinfonie, die "Schicksalssinfonie". Und es gibt keinen Liebhaber klassischer Musik, dem das Eingangsmotiv der Sinfonie nicht vertraut wäre, dem sie auch ihren pathetischen Titel verdankt, denn dem Rhythmus dieses Motivs entsprechend "klopft" nach einem angeblichen Ausspruch des Komponisten selbst "das Schicksal an die Pforte". Beethovens "Fünfte" ist nicht nur populär, sondern sie ist auch eine Art Prototyp der klassisch-romantischen Sinfonie, weil sie vorführt, wie sich aus einem einzigen Motiv, eben jenem berühmten Eingangsmotiv, mit nur vier Tönen in zwei Takten und einer Fermate im zweiten Takt ein ganzer Satz, bei großzügiger Auslegung könnte man sogar sagen, eine ganze Sinfonie entwickelt. Das "technisch-formale Rüstzeug" für derartige Entwicklungs und Entfaltungsprozesse stammt aus Joseph Haydns Vorarbeit, aber Beethoven bleibt bei dem von Haydn Erreichten nicht stehen, sondern formt es zu einer neuen Einheit, die einer der ersten Rezensenten des Werkes, der Schriftsteller, Musiker und Jurist E. T. A. Hoffmann 1810 in seiner berühmten Abhandlung über Beethovens "Fünfte" für die "Allgemeine musikalische Zeitung" mit einem kongenialen Gespür in der "innigen Verwandtschaft der einzelnen Themen" begründet sieht, "welche jene Einheit erzeugt, die des Zuhörers Gemüt in einer Stimmung festhält". Die vier Sätze des Werkes tragen die Überschriften: I. Allegro con brio, II. Andante con moto, III. Allegro und IV. Allegro.
Die Uraufführung der fünften Sinfonie fand in einer berühmten Akademie Beethovens am 22.12.1808 im Theater an der Wien statt.
Text: Christoph Prasser
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